START
Pierre Marteau's Publishing House
 

WERTHER

Max Ophüls. F 1938.

Reviews:

    Wieder erweist sich Max Ophüls in seinem Film: WERTHER, der Goethes Roman benutzt, ohne sich an ihn zu halten, als ein ausgeprägter Idylliker. Was ihn zu dem filmisch spröden Stoff hingezogen haben mag, ist sicher die Möglichkeit gewesen, mittels fein abgestufter Beleuchtungen ein empfindsames Dasein zu schildern. Wie Annie Vernays reizende Lotte, das Nachtlicht in der Hand, auf der Dielentreppe Werthers Gedicht liest; wie sie im hellen Kleid und Florentiner Hut mit P.[ierre]-R.[ichard] Willm, der freilich den Werther gar zu verschwommen gibt, durch die nächtlichen Felder spaziert und ihm auf der Bank ein Volkslied singt; wie dieses später von den Kirchturmglocken übernommene Lied in die Handlung eingreift und Tüllvorhänge und Glastüren Bedeutung gewinnen -- das alles ist sehr poetisch und delikat. Es ist, als seien alte Biedermeier-Silhouetten zum Leben erwacht. Und wenn dieses Leben auch der Kraft enträt, so hat es doch etwas von der Verhaltenheit schöner Pastelle.

    (Source: Siegfried Kracauer, Französische Filme, in: Neue Zürcher Zeitung, 9.1.1939